Messungen in Mehrfamilienhäusern


Es fand bereits Erwähnung, daß Etagenwohnungen, die mit modernen, fugendichten Fenstern ausgestattet sind, eine sehr geringe Luftdurchlässigkeit zugeschrieben wird. Um diese Vermutung mit konkretem Zahlenmaterial zu fundieren, wurde im Rahmen einer umfangreichen Forschungsarbeit die Luftdichtheit von Etagenwohnungen in massiven, aus Betonplattenelementen zusammengesetzten Mehrfamilienhäusern am Beispiel der Kategorie „industrieller Wohnungsbau der neuen Bundesländer" untersucht /Reichel98/.

Insbesondere baulich instandgesetzte und wärmeschutztechnisch verbesserte Gebäude dieser speziellen Bauart repräsentieren in Hinblick auf die Luftdichtheit jedoch auch einen Großteil von neuerrichteten bzw. modernisierten massiven Etagenwohnungen im allgemeinen.

 

Insgesamt fanden ca. 60 Etagenwohnungen in 9 verschiedenen Städten Berücksichtigung. Neben der Ein-Zonen-Messung der gesamten Wohnung wurden mehr als 100 Einzelräume der Wohnungen mit erweiterten Meßmethoden (Guard-Zone-Methode) untersucht.
Die Resultate lassen keine signifikanten Unterschiede der Luftdichtheit von unsanierten und nur mit einem WDVS versehenen Etagenwohnungen erkennen. Das gleiche trifft für sanierte und mit modernen Fenstern teilsanierten Wohnungen zu. Folgerichtig werden die Resultate der jeweiligen Sanierungszustände in der Auswertung zusammengefaßt.

Für 31 Etagenwohnungen, die mit alten Fenstern oder lediglich einem Wärmedämmverbundsystem ausgestattet waren, wurde ein n50-Medianwert von 1.6 h-1 ermittelt. 

Relative Häufigkeiten der ermittelten n50-Werte von 59 Etagenwohnungen in massiver Bauweise (Betonplattenelemente) geordnet nach dem Sanierungsgrad der Objekte. 
Anm.: Der Einfluß des geschoßübergreifenden Installationsschachtes wird durch der Messung vorangestellte Abdichtungsmaßnahmen ausgeschaltet.

Dieser Wert reduziert sich nach erfolgter Fenster- bzw. Komplettsanierung um ca. 40% auf n50=0.9 h-1.

Zu diesen Resultaten trägt der geschoßverbindende Installationsschacht nicht bei, da dieser im Vorfeld, zusammen mit den unmittelbar an diesen grenzenden Räumen (meistens fensterlose Bäder und Küchen), vollständig abgedichtet wurde.

Von den unsanierten Wohnungen weisen lediglich knapp 20% der untersuchten Objekte
n50-Werte kleiner als 1.0 h-1 auf. Dieser Anteil verdreifacht sich nahezu bei den untersuchten sanierten Wohnungen und beträgt 54%.

In Etagenwohnungen besteht das bereits erwähnte Problem von Undichtheiten zu benachbarten Wohnungen. Um die Größe des über diese sog. inneren Leckagen bewirkten Anteiles am Gesamtmeßergebnis abschätzen zu können, wurden mehrere Wohnungen komplett bzw. teilweise gegenüber anderen Nachbarwohnungen mit der Guard-Zone-Methode druckkompensiert und die so erhaltenen Resultate den Ergebnissen bei konventioneller Vorgehensweise gegenübergestellt.

Im Mittel bestimmt sich daraus ein über die inneren Leckagen stattfindender n50-Anteil von 0.45 h-1. Das entspricht bei den sanierten Etagenwohnungen einem Anteil von ca. 50%, so daß der wirkliche Außenluftwechsel (bei 50 Pa) hier lediglich 0.45 h-1 beträgt.


Aus folgender Abbildung  geht neben Außenluftanteil und dem Anteil über die inneren Leckagen zusätzlich der Einfluß des Installationsschachtes beispielhaft hervor, wenn dieser vor Beginn der Messung nicht abgedichtet wird.
saniert + Fenster unsaniert + WDVS
Anteile von Undichtheiten unterschiedlicher Herkunft an der Gesamtundichtheit von massiven Etagenwohnungen.

Interessant ist ferner, daß beispielhaft nachgewiesen werden konnte, daß das Verhältnis der Luftdurchlässigkeit zwischen sanierten und unsanierten Gebäuden von 0.5 maßgeblich die Folge des Fensteraustausches ist. Aufgrund des sehr hohen Grades der Luftdichtheit dieser Gebäude empfiehlt sich hier dringend die konzeptionelle Einbindung der Zuluftproblematik in die Gebäudeplanung. Als einfachster zu beschreitender Lösungsweg bieten sich Außenluftdurchlässe nach
DIN 1946 Teil 6 an, wobei die direkte Integration in das Fenster kostenmäßig und ästhetisch von Vorteil ist. Derartige Lüftungseinrichtungen sollten zur Grundausstattung jeder mit fugendichten Fenstern ausgerüsteten Wohnung gehören.